Die letzte Meile
Herausforderungen und Zukunftsaussichten
- Alexandra Jansen
- 6 Minuten
- Januar 24, 2025
Der Online-Handel erlebt einen enormen Aufschwung und die Relevanz der sogenannten „Letzten Meile“ nimmt zu. Aber was verbirgt sich genau hinter diesem Begriff, und wie kann man die damit verbundenen Herausforderungen erfolgreich meistern? Entdecken Sie effektive Strategien und innovative Ansätze, um die Logistik in der Zukunft neu zu gestalten und von den Möglichkeiten des modernen Handels zu profitieren.
Die „Letzte Meile“ bezeichnet den letzten Abschnitt des Lieferprozesses, bei dem Waren vom letzten Distributionszentrum direkt zum Endkunden transportiert werden. Dieser scheinbar kurze und einfache Schritt stellt eine große Herausforderung in der Lieferkette dar. Sie ist oft der konstenintensivste, zeitaufwendigste und komplexeste Teil des Logistikprozesses.
Die Herausforderungen der "Letzten Meile"
Mit der wachsenden Nachfrage nach zügigen und komfortablen Lieferungen gewinnt die „Letzte Meile“ zunehmend an Bedeutung. Kunden haben nicht nur die Erwartung, dass ihre Bestellungen zügig geliefert werden, sondern auch, dass die Zustellungen flexibel und kostenfrei erfolgen. Solche hohen Ansprüche stellen Unternehmen vor erhebliche Herausforderungen, da deren Erfüllung oft mit vielen Schwierigkeiten verbunden ist.
- Der Kostendruck: Die Zustellung auf der „Letzten Meile“ ist besonders kostspielig, da sie eine Vielzahl von Stopps umfasst und nur schwer planbar ist. Diese Unvorhersehbarkeit führt häufig zu ineffizienten Routen und erhöht die Betriebskosten. Unternehmen stehen somit vor der Herausforderung, kosteneffiziente Lösungen zu entwickeln, um die Konkurrenzfähigkeit zu wahren und gleichzeitig die Kundenerwartungen zu erfüllen.
- Infrastrukturelle Probleme: In städtischen Gebieten verschärft sich die Situation durch infrastrukturelle Engpässe. Hohe Verkehrsdichte, enge Straßen und begrenzte Parkmöglichkeiten erschweren den Lieferprozess. Das führt nicht nur zu Verzögerungen, sondern auch zu höheren Betriebskosten, da Lieferfahrzeuge durch Stau und Umwege länger unterwegs sind. In ländlichen Gebieten wiederum sind es die großen Entfernungen und oft schlecht ausgebaute Straßen, die den Zustellprozess verkomplizieren und verteuern können.
- Umweltbelastungen: Die Umweltbelastung durch die „Letzte Meile“ ist ebenso ein wachsendes Problem. Lieferfahrzeuge, die einzelne Pakete zustellen, tragen erheblich zu den CO₂-Emissionen bei, insbesondere in städtischen Gebieten. Zudem haben Faktoren wie Staus oder ineffiziente Routenplanung einen zusätzlichen negativen Einfluss auf die Umweltbilanz.
- Kundenanforderungen: Moderne Kunden wollen schnell und flexibel beliefert werden. Ob Same-Day-Delivery, Lieferungen zu bestimmten Uhrzeiten oder die Möglichkeit, das Paket an alternative Adressen liefern zu lassen – all das sind Erwartungen, die ein Logistikunternehmen vor große Herausforderungen stellen kann.
- Technologische Herausforderungen: Obwohl Technologien wie GPS und Tracking-Tools die Effizienz der „Letzten Meile“ in der Logistik verbessern können, stellt deren Integration viele Unternehmen vor Herausforderungen. Speziell die nahtlose Verbindung von Daten aus verschiedenen Quellen und die Anpassung bestehender Systeme an neue Technologien sind oft kompliziert und teuer.
- Regulatorische Rahmenbedingungen: Auch staatliche Regulierungen haben Einfluss auf die „Letzte Meile“. Hierzu gehören Umweltauflagen, Arbeitszeitregelungen oder auch der Datenschutz.
Lösungsansätze und aktuelle Trends
Folgende Lösungsansätze können dazu beitragen, die Herausforderungen der „Letzten Meile“ zu minimieren.
Hubs und urbane Lagerhäuser
Es könnte sinnvoll sein, kleine und dezentrale Lagerhäuser in unmittelbarer Nähe zu den Kunden aufzubauen. Diese ermöglichen eine schnelle und kostengünstige Zustellung. Durch die Verkürzung der zurückzulegenden Distanzen können Lieferfahrzeuge effizienter eingesetzt und Verkehrsprobleme in stark frequentierten Stadtgebieten reduziert werden.
Einige Unternehmen kombinieren diese Hubs mit Fahrradzustellern oder kleineren Elektrofahrzeugen, um die Umweltbelastung weiter zu minimieren.
Der Begriff Hub stammt aus dem Englischen, bedeutet übersetzt „Nabe“ und bezeichnet in der Logistik ein Drehkreuz, Verteilerzentrum oder Knotenpunkt. An diesen zentralen Stellen, sind Hauptumschlagsbasen, an denen Waren gesammelt, sortiert und umgeladen werden.
Automatisierung und Künstliche Intelligenz (KI)
Durch den Einsatz von Algorithmen können Lieferungen effizienter gestaltet und die Zustellzeiten verkürzt werden. KI-gestützte Systeme analysieren dabei in Echtzeit zum Beispiel Verkehrsdaten und Wetterbedingungen, um die optimale Route für jedes Lieferfahrzeug zu berechnen. Künftig können auch autonome Fahrzeuge, die „Letzte Meile“ revolutionieren, indem sie automatisch ausliefern und damit Personal- und Betriebskosten reduzieren.
Flexible Zustelloptionen
Das vermehrte Aufstellen von Paketstationen an zentralen Orten ermöglicht es, dass Kunden ihre Pakete jederzeit abholen können. Dadurch entfallen weitere Zustellversuche, sollte der Kunde nicht angetroffen werden. Kunden können ihre Pakete dort abholen, wann es ihnen am besten passt, wodurch die Notwendigkeit für mehrere Zustellversuche entfällt.
Der Einsatz von Big Data
Durch die Analyse großer Datenmengen können Unternehmen genauere Vorhersagen treffen, etwa über die beste Lieferzeit, die wahrscheinlichste Anwesenheit des Kunden oder potenzielle Störungen auf der Route. Diese Vorhersagen ermöglichen eine noch präzisere Planung und verbessern die Kundenzufriedenheit, indem sie Lieferungen punktgenau und zuverlässig machen.
Zudem können durch die Auswertung von Daten langfristige Trends erkannt werden, die bei der strategischen Planung und der Optimierung von Ressourcen helfen.
Die Profis der "Letzten Meile“ und ihre Arbeiten
Folgende Beispiele zeigen, wie die genannten Lösungsansätze bereits effektiv in der Praxis eingesetzt werden:
- Amazon nutzt Mikrohubs: Amazon ist bekannt für seine kontinuierlichen Innovationen in der Logistik. Das Unternehmen hat in mehreren Städten Mikrohubs eingerichtet, die es ermöglichen, Pakete noch näher am Endkunden zu lagern und innerhalb weniger Stunden final auszuliefern. Diese zentralen Lagerhäuser spielen eine Schlüsselrolle bei der Umsetzung von Amazons „Same-Day-Delivery“-Service.
- DHL-Packstationen: DHL hat in den vergangenen Jahren ein weitverbreitetes Netzwerk von Paketstationen aufgebaut, das es Kunden ermöglicht, ihre Pakete rund um die Uhr an zentralen Orten abzuholen. Dies reduziert die Anzahl der vergeblichen Zustellversuche und entlastet gleichzeitig die städtische Verkehrsinfrastruktur.
- UPS- Routenplanung durch KI: UPS hat mit der Einführung seines „ORION“-Systems (On-Road Integrated Optimization and Navigation) einen großen Schritt in Richtung Effizienzsteigerung auf der „Letzten Meile“ gemacht. ORION verwendet Künstliche Intelligenz und Algorithmen zur Optimierung von Routen, basierend auf Echtzeitdaten wie Verkehr, Wetter und Paketvolumen.
Diese Technologie hat UPS geholfen, die gefahrenen Kilometer zu reduzieren, den Kraftstoffverbrauch zu senken und gleichzeitig die Zustellzeiten zu verkürzen. Dies ist ein Paradebeispiel dafür, wie moderne Technologien zur Lösung der Herausforderungen auf der „Letzten Meile“ beitragen können.
Lerneffekte durch Rückschläge
Allerdings gibt es auch Beispiele aus der Praxis, bei denen Lösungsansätze zur Bewältigung der „Letzten Meile“ fehlgeschlagen sind.
FedEx: Probleme bei der Einführung autonomer Lieferroboter
Der Lieferdienst FedEx hat in einigen US-amerikanischen Städten autonome Lieferroboter getestet, um die Zustellung in urbanen Gebieten zu optimieren. Trotz anfänglicher Erfolge stieß das Unternehmen auf mehrere Herausforderungen, darunter technische Schwierigkeiten bei der Navigation auf unebenen Gehwegen, rechtliche Hürden und Bedenken der Öffentlichkeit bezüglich der Sicherheit.
Zalando: Probleme bei der Expansion in ländliche Gebiete
Zalando hat versucht, seine schnellen Lieferzeiten auch Kunden auf dem Land anzubieten. Dabei stieß das Unternehmen jedoch auf unerwartete Herausforderungen, wie die geringere Dichte an Zustelladressen und längere Transportwege. Die Lösung lag in der Zusammenarbeit mit lokalen Logistikdienstleistern, die sich besser in den regionalen Gegebenheiten auskannten.
Große Herausforderungen - große Chancen
Die „Letzte Meile“ wird auch künftig eine der größten Herausforderungen in der Logistik darstellen, gleichzeitig jedoch auch zahlreiche Chancen eröffnen. Unternehmen, die in der Lage sind, innovative und nachhaltige Lösungen zu entwickeln, werden nicht nur ihre Wettbewerbsfähigkeit stärken, sondern auch einen positiven Beitrag zu einer zukunftsorientierten Logistik leisten.